Die Suche nach einem schönen Strand
Thailand/Koh Samet 11.8.2013
Obwohl Vietnam eine sehr lange Küstenlinie aufweist, hatte ich mich bisher schwer getan, passende Badestrände zu finden. Ganz unten im Süden gab es die matschigen Küsten des Mekong-Deltas, auf der Höhe Saigons badete ich einmal kurz mit Phuoc auf Can Gio in braunem Wasser und den nicht sehr einladenden Stränden. Weiter oben besuchte ich Mui Ne, das immer wieder in den Himmel gelobt wurde, mich aber auch nicht restlos überzeugen konnte. Und der Stadtstrand von Nha Trang war zwar nett anzusehen, aber ins Wasser gehen wollte ich dort nicht. Dann gab es im Südwesten noch die Insel Phu Quoc, die zwar sehr schön sein soll, wo ich aber auch im Internet über zunehmende Verschmutzung gelesen hatte. Außerdem wollte ich nicht gegen meine Reiserichtung so weit in den Süden fliegen. Da war mir das Risiko einfach zu groß. Bei der Überquerung des Seewolkenpasses zwischen Da Nang und Hue sah ich traumhaft liegenden Buchten, die aber unbevölkert schienen. Vielleicht hätte es dort für mich passende Möglichkeiten gegeben. Von oben hatte ich allerdings keine Zufahrtsmöglichkeiten gesehen. Vietnam ist generell sehr laut und rastlos und in Hanoi ist eine Erholung in Ruhe und Natur absolut unmöglich. Daher erkundigte ich mich bei einer Reiseagentur, die mir von Wien aus empfohlen wurde und die ich schon öfter beauftragt hatte, nach dem ultimativen Strand. Es fiel der Name „Cat-Ba Insel“ in der Ha-Long Bucht. Die sehr liebe Mitarbeiterin, die meine Wünsche in der Zwischenzeit schon kannte, organisierte alles bestens. Mit dem „Hoang Long“ Busunternehmen verließ ich somit am 8. Juli Hanoi ostwärts in Richtung Hai Phong. Geplant waren neun Nächte auf der Insel und dann wieder die Rückkehr nach Hanoi. Hai Phong ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt mit fast zwei Millionen Einwohnern und gleichzeitig die Drehscheibe für das Übersetzen auf die Insel. Die Stadt hat einen bedeutenden Seehafen und ist ein Industriezentrum. Die Anreise über die Schnellstraße verlief kurzweilig und bald standen wir in den Docks von Hai Phong, wo der Bus zu wechseln war, was sich ein wenig unübersichtlich und umständlich gestaltete. Es waren viele Touristen aus westlichen Ländern im Bus. Dann wurden wir zum Speed-Boot gebracht, was eine Ewigkeit dauerte. Mit dem schweren Gepäck war es mühsam alle Hürden bis zum Boot zu überwinden. Vom Personal half niemand, es stand nur gelangweilt und ignorant herum. Das Speed-Boot machte seinem Namen alle Ehre und fuhr tatsächlich zügig vom Pier in Richtung Insel. Das Wasser spritzte meterhoch in die Luft und am Heck stehend wurde man nass. Innerhalb des Boots wurde man - wie in Vietnam üblich - von allen Seiten mit Ventilatoren angeblasen und die Klimaanlagen rannten auf Hochtouren. Das musste ich meiden, denn davon hatte ich schon einige Verkühlungen abbekommen. Stutzig machte mich das braune Wasser, das auch außerhalb des Industriehafens nicht die Farbe wechseln wollte. Ich ahnte bereits Schlimmes. An der Anlegestelle der Insel ging das mühevolle Spiel mit dem Gepäck in die nächste Runde. Mit einem weiteren Bus fuhren wir quer über das Eiland, bis endlich Cat-Ba Stadt auftauchte. Dort stiegen alle aus und ich stand mit meinem Gepäck am kleinen Hafen und suchte mein Hotel. Es befand sich vielleicht 400 m entfernt. Vom ersten Eindruck war ich wie gelähmt, mir kam vor, als wäre ich in eine Touristenfalle geraten. Für den Mini-Transfer zum Hotel erhielt ich nur unverschämte Angebote, die ich alle zurückwies. Es war aber eine schwierige Situation, denn die Vietnamesen können sehr unfreundlich und kundenfeindlich agieren, was ihnen irgendwann auf den Kopf fallen wird. Nach längerem Verhandeln fand ich schließlich einen Motorbike-Fahrer, der mich zu annehmbaren Bedingungen zu meinem Hotel brachte. Ich war enttäuscht und hatte vorerst genug von Cat-Ba. Mein Hotel war ein wenig freundlicher Betonklotz am Ende der Hafenpromenade, das Zimmer für den Preis eine herbe Enttäuschung, wenigstens aber sauber. Es war Sommerzeit und da werden die Preise in Cat-Ba bewusst in die Höhe getrieben, oft bis zum Dreifachen des Normalpreises. Es gab keinen Zimmersafe und das Internet funktionierte nicht am Zimmer, obwohl man mir später sogar einen eigenen Router ins Zimmer stellte. Hier passte einfach gar nichts. Das Einzige, das mich restlos überzeugen konnte, war der Blick von meinem Zimmer im siebten Stock auf den malerischen Hafen. Der Ausblick war schlicht und ergreifend sensationell, doch das macht noch keinen schönen Badeurlaub. Eine Invasion von Vietnamesen hatte die Insel in Besitz genommen und es war klar, dass hier weder Ruhe noch ein schöner Strand zu finden sein würde. Ich schaute schnell einmal zu zwei Stränden in der Nähe, die nur zu Fuß oder mit Motorbike-Taxis zu erreichen waren. Auf einem Hügel stehend blickte ich in die Tiefe. Ein herrlicher Fernblick zu zahllosen Kalksteinfelsen, die aus dem Meer aufragten, zeigte sich. Unten an zwei engen Stränden tummelten sich hunderte Vietnamesen kreischend und schreiend im Wasser und am schmalen Strandabschnitt. Es gab keine Liegen, keine ruhigen Plätze, zudem viel Müll wie bereits üblich, ein ständiges Kommen und Gehen und außerdem keine Sonne, doch dafür konnten die Vietnamesen nichts. Der Platz war schön anzusehen, aber ungeeignet für Badeurlaub und mir war bewusst, es war gelaufen mit dem Strandleben auf Cat-Ba. Doch das war noch nicht alles. Am Abend ging´s dann erst richtig los, Karaoke auf Vietnamesisch und das täglich bis eine Stunde vor Mitternacht, am Wochenende auch länger, furchtbar und nur schwer zu ertragen so eine Zwangsbeschallung. Das Ganze im Freien auf einer Bühne neben dem Hotel und in einer Lautstärke, sodass an Schlafen nicht zu denken war. Das erste Frühstück stand am Programm: ein großer herzloser Raum voll mit lauten rauchenden drängenden Vietnamesen, Kindergeschrei und schmutzigen Tischtüchern. Die Aircondition lief voll, um gesund zu bleiben, musste ich mit Pullover ausrücken. Es schien mir undenkbar, dass diese Leute bei jahrelanger intensivster Nutzung dieser „Kühlungsvariante“ nicht Folgeschäden davontragen würden. In Bussen musste ich manchmal sogar eine Mütze aufsetzen, so kalt war es. Mein Programm hatte ich umgehend zu ändern, statt Baden und Erholung stand Besichtigung auf der Tagesordnung. Ich wanderte ein wenig am Hafen und in den umliegenden Gassen herum, alles war auf Tourismus und Abzocke ausgerichtet, offenbar auch gegen die eigenen Landsleute. Dann hatte ich Glück, ich traf einen Australier, den ich bei der Busfahrt kennen gelernt hatte und wir durchstöberten Cat-Ba Stadt gemeinsam, was die Angelegenheit erträglicher machte. Er empfand die Situation hier ähnlich wie ich und dachte schon über eine baldige Weiterreise nach, was für mich durch die lange Vorausbuchung nicht möglich schien. Bei Einbruch der Abenddämmerung war der Hafen mit den Lichtern besonders reizvoll und ich versuchte, das tolle Bild zu genießen so gut es ging. Die Musik lief bereits und obwohl es nur mäßig Verkehr gab, wurde ununterbrochen gehupt. Ich verfolgte das Geschehen eine Weile, das Hupen war reine Routine und erfolgte automatisch, es war sonst vollkommen zwecklos, weil kein Bedarf bestand, einfach nicht zu glauben, wenn man es nicht selber gehört und gesehen hätte. Meine Situation empfand ich als sehr unangenehm, ich musste unter Druck ein neues Programm für mich zusammenstellen, da langes oder frühes Schlafen nicht möglich und vor allem das Strandleben komplett ausgefallen war. Am zweiten Tag nach meiner Anreise mietete ich ein Motorbike, was sehr einfach war. Ich fuhr im Ort herum, um mich endgültig zu orientieren, und dann auf die Anhöhe über der Stadt. Cat-Ba ist die größte Insel der Ha Long Bucht und landschaftlich sehr reizvoll. Sie ist zerklüftet, felsig und von Regenwald bedeckt. Es gibt nur in einigen wenigen fruchtbaren Senken Landwirtschaft, der Großteil der Fläche ist zu steinig dafür. In der Stadt stehen hässliche Betonbauten, welche die einst viel schönere Bucht verunstalten. Der Rest der Insel ist glücklicherweise davon weitgehend verschont geblieben und dank der idyllischen Lan-Ha Bucht direkt vor der Küste, lässt sich über diese Entwicklung leichter hinwegschauen. Auf der anderen Seite der Stadt liegt die Cat-Co Bucht, die von der Ferne sehr malerisch wirkt und auch Strände zum Schwimmen hat. Fährt man weiter, kommt man zu einem kleinen Hafen mit Anlegeplatz und schwimmenden Fischereiplätzen. Ich wollte aber einen der besten Ausblicke des Landes genießen und fuhr ganz hinauf auf den steilen Hügel über der Stadt. Der historische Platz nennt sich Fort Cannon und besteht aus einem Tunnel, einem alten Hubschrauberlandeplatz und unterirdischen Geschützständen, die von den Japanern im zweiten Weltkrieg angelegt worden waren. Die Anlage bietet eine umwerfende Fernsicht auf das von bewaldeten Karstspitzen übersäte Meer, die von oben nahezu perfekt wirkende Cat-Co Bucht und zu den zahllosen bunten Fischerbooten im Hafen von Cat-Ba. Dieser wundervolle Ausblick, der vermutlich zu den aufregendsten in ganz Vietnam gehört, hatte mich für Vieles entschädigt. Nach diesem ersten Highlight beschloss ich, selber mit dem Motorbike nochmals die Insel zu durchqueren. Ich fuhr die Route zurück zum Anlegeplatz des Speed-Bootes, um die Schönheiten der Insel zu entdecken. Rund die Hälfte der Insel und die umliegenden Gewässer wurde im Jahr 1986 zum Nationalpark erklärt, mit dem Zweck die vielfältigen Ökosysteme zu schützen. Bei der Rückfahrt machte ich bei der Krankenhaushöhle Halt. Die Höhle diente im Vietnamkrieg als bombensicheres Spital und als geheimer Unterschlupf für Führungsmitglieder des Vietcong. Sie wurde Mitte der sechziger Jahre mit chinesischer Hilfe erbaut. Das durchdacht entworfene dreistöckige Gebäude innerhalb der Höhle war bis ins Jahr 1975 ununterbrochen in Benutzung und gilt als Meisterleistung der Ingenieurskunst. Der Führer zeigte mir die 17 Zimmer, den Operationssaal und die große natürliche Höhle, die als Kino benutzt wurde. Es gab sogar einen kleinen Pool zur medizinischen Rehabilitation und einen „Trainingsraum“ für die Kämpfer. Obwohl die Höhle massiv von den Amerikanern bombardiert worden war, konnte ihre Funktion niemals außer Kraft gesetzt werden. Es war der 11. Juli und mit meinem australischen Bekannten hatte ich den Besuch des Cat-Ba Nationalparks vereinbart. Wir wurden von einem Bus abgeholt und fuhren die mir schon bekannte Strecke bis zum Eingang. Schwarze Wolken hingen am Himmel und es begann auch leicht zu regnen. Wir hatten zu zweit einen Führer und ich war gespannt, was uns erwartete. Dann marschierten wir auf einem schmalen asphaltierten Weg los. Im Park leben über dreißig Säugetierarten, an die siebzig Vogelarten und es gibt eine große Vielfalt an Pflanzen und Bäumen. Durch den Regen, der zwischendurch auch einmal aufhörte, war alles nass und mit den enger werdenden Wegen waren es auch wir bald. Ich war gänzlich ungeeignet ausgerüstet, hatte weder Regenjacke noch feste Bergschuhe mit, denn auf meine Frage wurde das als nicht notwendig erachtet. Unsere Strecke war ungefähr zwölf Kilometer lang und begann mit der Zeit, so richtig anspruchsvoll zu werden. Wir mussten laufend auf spitzen Kalksteinfelsen bergauf und bergab gehen, was nicht nur anstrengend sondern auch gefährlich war. Durch den Regen war alles noch rutschiger und schwieriger. Tiere zeigten sich kaum, im Froschsumpf quakten die Frösche und manchmal glaubte ich, in der Ferne das Schreien von Affen zu hören. Immer wieder mussten wir durch mannshohes Gras gehen, sodass unsere Kleidung triefend nass wurde. Am Schluss war ich ziemlich verstimmt auf die Veranstalter, hätte ich doch im Hotel die passende Ausrüstung parat gehabt. Wir erreichten das Viet Hai Dorf, wo uns ein vorbestelltes sehr gutes Mittagessen serviert wurde. Ein belgisches junges Touristenpärchen hatte sich in der Zwischenzeit uns angeschlossen und wir tauschten Reiseerfahrungen aus. Nach ein paar weiteren Kilometern in der Ebene erreichten wir das Meer und bestiegen ein kleines Boot. Es war heiß und die Kleidung wieder trocken geworden. Der eigentliche Höhepunkt sollte erst jetzt folgen, was mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar war und die vorangegangenen Mühen etwas relativierte. Wir durchquerten die Lan-Ha Bucht. Die rund 300 Karstinseln der Bucht liegen unmittelbar südlich und östlich von Cat-Ba Stadt und sind geologisch eine Verlängerung der Ha Long Bucht. Meine Begeisterung war riesengroß. Ich saß auf den Holzplanken des Boots in der Sonne und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wir glitten durch smaragdgrünes Wasser ständig umgeben von wechselnden bewaldeten Kalksteinspitzen, manchmal riesenhaften Formationen, manchmal nur alleinstehenden Monolithen. Es war großartig und mein Ärger verflogen. Später zeigten sich in der Entfernung weiße Sandstrände, von denen wir einen zum Baden anfuhren. Leider offenbarten sich hier erneut die Grenzen vietnamesischer Ästhetik, denn die Badebuchten, auf denen der Sand extra aufgeschüttet worden war, waren voll mit Müll und das Wasser nicht gerade sauber. Ich musste aus diesem Grund mein Bad streichen. Dennoch stellte die eineinhalbstündige Fahrt zwischen den Felsen ein unvergessliches Erlebnis dar. In der Cat-Co Bucht endete unsere kleine Schiffsreise und bereitstehende Motorbikes brachten uns in die Stadt zurück. Mein australischer Gefährte hatte mit diesem Ausflug sein Cat-Ba Besuchsprogramm abgeschlossen und zog die Konsequenzen, er reiste am Folgetag ab. Ich mühte mich durch den Abend und die Nacht, als mir endlich der zündende Gedanke kam. Ich würde bei meiner Bekannten von der Agentur anfragen, ob ich den weiteren Aufenthalt nicht stornieren könnte. Sofort am nächsten Morgen, Freitag, den 12. Juli setzte ich mich an den PC und schickte mein SOS-Email ab, rechtzeitig zu Beginn des Wochenendes, wo sich der ganze Wahnsinn hier nochmals ins Uferlose steigerte. Ich war nicht gerade optimistisch, doch siehe da, es bestand eine Möglichkeit und nach ein paar Stunden stand es fest, ich würde die Insel nach einer letzten Nacht ohne Stornogebühren verlassen können. Ich war überaus erleichtert und hätte meine Bekannte in Hanoi am liebsten umarmt vor lauter Freude. Sie organisierte mir die Rückreise nach Hai Phong genauso perfekt wie die Anreise, meine Begeisterung war grenzenlos. Alleine hätte ich das niemals geschafft, gelegentlich ist es wahrhaft besser, Profis ans Werk zu lassen. Ich hatte in Cat-Ba dennoch alles gesehen und konnte - um Dimensionen gereift – die Insel glücklich verlassen. Was hätte ich die restlichen vier Tage hier noch machen sollen? Trotz Nachdenkens fiel mir nichts ein, ich hatte einfach Glück gehabt, mein Reisegott hatte seine Hand schützend über mich gehalten. Die Abreise klappte wunderbar, um 11 Uhr am Samstag, den 13. Juli, war ich wieder in Hai Phong. Dort organisierte ich mir ein Motorbike, das mich und mein Gepäck zum lokalen Busbahnhof brachte. Das Ziel hieß Ninh Binh in der gleichnamigen Provinz ungefähr 100 km südlich von Hanoi. Ein diesmal wirklich gutes Hotel war bereits reserviert für vier Tage. Alles funktionierte bestens und ich checkte nach etwa dreieinhalb Stunden Busfahrt und einem neuerlichen Motorbike-Transfer glücklich im Ninh Binh Legend Hotel ein. |